Besteuerung privater Veräußerungsgeschäfte – Von Ebay bis Immobilie (Teil I)
Wenn Sie Gegenstände Ihres Privatvermögens verkaufen, z.B. Ihre Plattensammlung auf einer Internet-Auktionsplattform oder ein Eigenheim mit Grundstück, brauchen Sie den Veräußerungsgewinn im Allgemeinen nicht der Einkommensteuer zu unterwerfen. Jedoch gibt es – wie so häufig im Steuerrecht – Ausnahmen, die man kennen sollte.
I N HA L T
I. Freigrenze von 599,99 €
II. Gewinne oder Verluste gehören zu den sonstigen Einkünften
III. Gegenstand von privaten Veräußerungsgeschäften
IV. Gründe für den Verkauf sind irrelevant
Hauptanliegen dieses Merkblatts ist es, Ihnen Informationen über die Besteuerungsgrundsätze zu geben, darzulegen, in welchen Situationen doch eine Steuerpflicht eintritt und dabei aufzuzeigen, wie Sie Steuerfallen vermeiden.
I. Freigrenze von 599,99 €
Das Wichtigste vorab: Es gibt eine Freigrenze bei der Besteuerung von privaten Veräußerungsgeschäften in Höhe von 599,99 €. D.h., Ihr Gesamtgewinn aus allen privaten Veräußerungsgeschäften bleibt steuerfrei, wenn er weniger als 600 € beträgt. Zur Ermittlung des „Gesamt-Veräußerungsgewinns“ sind sämtliche Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften des Veranlagungszeitraums zusammenzurechnen und ggf. mit Verlusten aus privaten Veräußerungsgeschäften zu verrechnen. Wird die Besteuerungsgrenze von 600 € erreicht oder überschritten, ist der gesamte Gewinn in voller Höhe steuerpflichtig, und nicht nur mit dem die Freigrenze übersteigenden Betrag.
Haben Sie und Ihr mit Ihnen zusammen veranlagter Ehegatte beide Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften erzielt, ist für jeden Ehegatten gesondert zu prüfen, ob sein Gesamtgewinn unter 600 € liegt und deshalb nicht zu versteuern ist. Die Freigrenze von 599,99 € steht also jedem Ehegatten höchstens bis zur Höhe seines Gesamtgewinns aus privaten Veräußerungsgeschäften zu. Es ist nicht zulässig, auf die Gesamtgewinne beider Ehegatten die doppelte Freigrenze anzuwenden.
Beispiel: Sie, der Ehemann, haben im Jahr 2018 Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften von insgesamt 550 €, Ihre Ehefrau von 580 € erzielt. Beide Gewinne unterliegen nicht der Besteuerung, da sie nicht die Freigrenze übersteigen. Aber: Haben Sie einen Gewinn aus privaten Veräußerungsgeschäften von 650 €, Ihre Ehefrau von 480 € erzielt, ist Ihr Veräußerungsgewinn von 650 € in voller Höhe steuerpflichtig, der Veräußerungsgewinn Ihrer Ehefrau dagegen steuerfrei, da er die Freigrenze von 599,99 € nicht übersteigt.
II. Gewinne oder Verluste gehören zu den sonstigen Einkünften
Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften gehören zu den sonstigen Einkünften, die Sie in der „Anlage SO“ eintragen müssen.
Hinweis: Die Besteuerung eines Veräußerungsgewinns als Gewinn aus privaten Veräußerungsgeschäften ist ausgeschlossen, wenn Sie Wirtschaftsgüter veräußern, deren Erlös bei den sog. Gewinneinkünften, z.B. Einkünften aus Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit, als Betriebseinnahme oder bei den sog. Überschusseinkünften, z.B. Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, als Einnahme anzusetzen ist. Hierunter fallen u.a. der Verkauf des zu Ihrem Betriebsvermögen gehörenden Pkws oder des Firmen-PCs.
III. Gegenstand von privaten Veräußerungsgeschäften
1. Immobilien
Gegenstand von privaten Veräußerungsgeschäften können fremd genutzte Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte sein. Für Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte beträgt die Veräußerungsfrist zehn Jahre. Zu den grundstücksgleichen Rechten gehören vor allem das Erbbaurecht, das Mineralgewinnungsrecht und das Wohnungseigentum, nicht jedoch das Dauerwohnrecht. Ausdrücklich ausgenommen von der Veräußerungsgewinnbesteuerung sind Wirtschaftsgüter,
- die im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken (1. Alternative) oder
- im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden (2.Alternative).
Beispiel 1: Sie haben 2016 einen Bauplatz erworben, den Sie in 2017 mit einem Einfamilienhaus bebaut haben, das Sie bis zur Veräußerung in 2018 selbst bewohnt hat. Da Sie das Einfamilienhaus zwischen Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt haben, ist der Veräußerungsgewinn nicht zu erfassen (1. Alternative). Das gilt auch für den auf den Grund und Boden entfallenden Gewinn.
Beispiel 2: Sie haben 2013 ein Einfamilienhaus erworben, das Sie bis Ende 2015 vermietet und anschließend selbst bewohnt haben. Im November 2018 verkaufen Sie das Haus. Da Sie die Immobilie im Veräußerungsjahr 2018 und in den beiden vorangegangenen Jahren 2016 und 2017 selbst bewohnt haben, ist der Gewinn bzw. Verlust nicht steuerbar (2. Alternative).
Beispiel 3: Sie haben 2014 eine Eigentumswohnung erworben, die Sie bis einschließlich Mai 2016 vermietet hatten. Ab 1.7.2016 bis 30.9.2018 haben Sie die Eigentumswohnung für eigene Wohnzwecke genutzt. Der Gewinn bzw. Verlust ist nicht steuerbar. Eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken „im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren“ (2. Alternative) liegt auch dann vor, wenn das Gebäude in einem zusammenhängenden Zeitraum genutzt wird, der sich über drei Kalenderjahre erstreckt, ohne sie – mit Ausnahme des mittleren Kalenderjahrs – voll auszufüllen.
Hinweis: Eine (ausschließliche) Nutzung zu eigenen Wohnzwecken ist auch dann gegeben, wenn eine Mitbenutzung durch den Ehegatten oder andere Angehörige erfolgt. Unschädlich ist auch, wenn die Wohnung auch mit einem Dritten, z.B. dem nichtehelichen Lebenspartner, bewohnt wird.
Praxistipp: Ein Gebäude wird auch zu eigenen Wohnzwecken genutzt, wenn es der Steuerpflichtige nur zeitweilig bewohnt, sofern es ihm in der übrigen Zeit als Wohnung zur Verfügung steht. Deshalb fallen bei Eigennutzung auch Zweitwohnungen, nicht zur Vermietung bestimmte Ferienwohnungen und Wohnungen, die im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung genutzt werden, unter die Ausnahmeregelung. Sie sind von der Besteuerung als privates Veräußerungsgeschäft auszunehmen, wenn sie „im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren“ zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden, und zwar auch, wenn sie z.B. als Ferienimmobilie nur zeitweilig vom Steuerpflichtigen bewohnt wurden.
2. Andere Wirtschaftsgüter
Zu Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften führt auch die Veräußerung von „anderen“ privaten Wirtschaftsgütern. Für andere Wirtschaftsgüter beträgt die Veräußerungsfrist nur ein Jahr. Andere unter die „Spekulationsbesteuerung“ fallende Wirtschaftsgüter sind prinzipiell alle abnutzbaren und nicht abnutzbaren Gegenstände des Privatvermögens. Ausdrücklich ausgenommen von der Besteuerung sind Gegenstände des täglichen Gebrauchs, z.B. ein gebrauchter Pkw, Möbel, ein Campingwagen oder ein Wohnmobil, weil bei derartigen Veräußerungsgeschäften innerhalb der einjährigen Veräußerungsfrist fast immer Verluste anfallen.
Zu den anderen Gegenständen, die bei einem Verkauf innerhalb der Veräußerungsfrist von einem Jahr zu einem steuerpflichtigen Veräußerungsgeschäft führen können, gehören z.B. Wertgegenstände, wie etwa Edelmetalle (Gold- und Silberbarren), Münzen, Kunstgegenstände, Antiquitäten, Oldtimer, Briefmarkensammlungen. Entsprechendes gilt für Geschäfte mit Devisen, also mit Nicht-Euro-Währungen. Wenn Sie ein Fremdwährungskonto unterhalten, z.B. Schweizer Franken oder Devisen, z.B. US-Dollar, in Ihrem Bankschließfach aufbewahren und diese innerhalb eines Jahres in Euro oder eine andere Fremdwährung umtauschen oder damit private Wertpapiere kaufen, liegt ein privates Veräußerungsgeschäft vor. Ein Wechselkursgewinn ist steuerbar, ein Kursverlust verrechenbar.
Internethandel: Verkauf auf eBay, Amazon und Co.
Nach der Rechtsprechung müssen Internethandels-Plattformen grundsätzlich mit der Steuerfahndung zusammenarbeiten. Von diesem Urteil sind nicht nur professionelle Händler sondern auch Privatpersonen betroffen.
Bei letzteren bleibt aber der Verkauf persönlicher Gegenstände steuerfrei, solange die Gewinne unter 600 € im Jahr liegen. Anders sieht es aus, wenn – auch nur in kleinem Umfang – Gegenstände gezielt angekauft werden, um sie weiter zu verkaufen. Überschritten wird die Grenze zum Gewerbe, wenn Waren „in erheblichem Umfang“ im Internet verkauft werden, z.B. Schmuckgegenstände in 56 Fällen oder 140 fremde Pelzmäntel.
In diesen Fällen ist ein Gewerbe anzumelden und Einkommen-, ggf. auch Gewerbe- und Umsatzsteuer zu zahlen.
Hinweis: Der Übergang zum gewerblichen Handel ist fließend. Sprechen Sie uns an, wenn Sie hier unsicher sind.
3. Wertpapiergeschäfte führen ab 2009 zu Kapitaleinkünften
Gewinne aus der Veräußerung von Wertpapieren, z.B. Aktien, gehören seit Einführung der Abgeltungsteuer ab 2009 nicht mehr zu den Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften, sondern zu den Einkünften aus Kapitalvermögen
Kapitalvermögen. Die Neuregelung bedeutet einen Systemwechsel. Unabhängig von der Haltedauer, also zeitlich unbegrenzt, werden Gewinne aus Wertpapiergeschäften als Kapitalerträge erfasst. Diese Neuregelung ist erstmals auf Gewinne aus der Veräußerung von Wertpapieren anzuwenden, die nach dem 31.12.2008 erworben und veräußert wurden.
Für Wertpapiere, die Sie vor dem 1.1.2009 erworben haben, gilt weiter das bisherige Recht. Veräußern Sie Aktien, die Sie vor dem 1.1.2009 gekauft haben, gilt die einjährige Veräußerungsfrist. Das bedeutet, dass ein Veräußerungsgewinn steuerfrei bleibt, wenn Sie die verkauften Aktien vor 2009 erworben und länger als ein Jahr gehalten haben.
IV. Gründe für den Verkauf sind irrelevant
Für die Besteuerung eines privaten Veräußerungsgeschäfts ist allein entscheidend, dass Sie den objektiven Tatbestand des Gesetzes erfüllt haben. Auf den Grund des Verkaufs, Spekulationsabsicht oder sonstige Gründe, z.B. Krankheit, drohende Enteignung, sonstiger Zwang, finanzielle Notsituation, Vermeidung wirtschaftlicher Nachteile usw., kommt es prinzipiell nicht an.
Beispiel: Sie haben 2012 einen Bauplatz für 100.000 € gekauft, der zu Ihrem Privatvermögen gehört. Nachdem Sie in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind, verkaufen Sie den Bauplatz im Jahr 2018 für 130.000 €. Obwohl Sie den Bauplatz verkauft haben, um Ihre angespannte finanzielle Situation zu verbessern, müssen Sie den Veräußerungsgewinn von 30.000 € mit Ihrem individuellen Steuersatz versteuern.
Teil II folgt in Kürze
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